Aufnahme von aus Seenot geretteten Geflüchteten

DIE LINKE. Kreistagsfraktion fordert, dass sich der Rheingau-Taunus-Kreis (wie bisher bereits 113 Städte und Kommunen in Deutschland) zum sicheren Hafen für Geflüchtete und seine Bereitschaft erklärt, aus Seenot im Mittelmeer Gerettete aufzunehmen. Der Antrag verurteilt die Kriminalisierung und Behinderung zivilier Seenotrettung, wie sie gegenwärtig durch das Festsetzen von Schiffen, die Verweigerung der Landung oder die strafrechtliche Verfolgung von KapitänInnen stattfindet.

Hier der vollständige Text von Antrag und Begründung:


"Der Kreistag möge beschließen:

Aufnahme von aus Seenot geretteten Geflüchteten

  1. Der Kreistag verurteilt jede Kriminalisierung von Seenotrettung.

  2. Der Rheingau-Taunus-Kreis schließt sich der Initiative zahlreicher Kommunen wie z.B. allein in Hessen Darmstadt, Kassel, Marburg, Wiesbaden und den Landkreisen Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau und Werra-Meissner an und erklärt sich bereit, Geflüchtete aus der Seenotrettung im Mittelmeer aufzunehmen.

  3. Der Kreistag bittet den Landrat die notwendigen Schritte zu unternehmen.

Begründung:
Jedes Jahr sterben tausende Menschen beim Versuch der Flucht nach Europa im Mittelmeer.
Allein in diesem Jahr sind bisher über 1500 Tote zu beklagen. Dennoch verweigern
Mitgliedsländer der Europäischen Union zivilen Seenotrettungsschiffen das Einlaufen in ihre
Häfen. Allein im Juni 2018 verloren 629 Geflüchtete ihr Leben, es war der tödlichste Juni seit
2014, obwohl sich insgesamt wesentlich weniger Menschen auf die Flucht übers Mittelmeer
begeben als in der Vergangenheit.
Lifeline, Aquarius oder Sea-Watch sind Namen, die aus der Berichtserstattung bekannt sind.
Fast eine Woche mussten die 234 Geretteten und die Crew der Lifeline auf See ausharren, bis
Malta das Anlaufen genehmigte. Alarmierend ist auch der Fall ihres Kapitäns, Claus-Peter
Reisch, dem eine einjährige Haftstrafe in Malta droht. Gleichzeitig ertrinken weiterhin
Menschen vor den Küsten Europas.
Völlig unabhängig davon wie man zur europäischen Grenzpolitik und zu den
Verteilungsmechanismen von Geflüchteten innerhalb der EU steht und wie man
Zuwanderung nach Europa und Deutschland bewertet, keine Doktrin, kein politisches
Konzept rechtfertigt es, das Retten von Menschen aus Seenot zu behindern.
Die Pflicht zur Rettung von Menschen in Seenot ist als Ausdruck der Menschlichkeit tief
verankert in der Jahrhunderte alten, maritimen Tradition und im internationalen Seerecht.
Irrelevant ist dabei, ob die Notlage von den zu rettenden Personen „selbst und/oder
schuldhaft“ herbeigeführt wurde.
Wenn zivile Initiativen sich entschließen, auf See zu fahren, um Menschen vor dem sicheren
Tod zu retten, müssen sie unterstützt und dürfen nicht bestraft werden, denn sie versuchen die
Lücke zu füllen, die die Einschränkung staatlicher europäischer Seenotrettungsmissionen
hinterlassen hat. Gleiches gilt für Handelsschiffe, die ihrer rechtlichen und humanitären
Verpflichtung nachkommen.
Bereits 113 Städte und Gemeinden sind dem Aufruf des Bündnisses Seebrücke gefolgt und
haben sich zu sicheren Häfen und damit bereit erklärt, Überlebende der Mittelmeerroute
aufzunehmen, um gegenüber der Bundesregierung politisch deutlich zu machen, dass sie die
humanitären Ziele der zivilen Seenotretterinnen und Seenotretter unterstützen. Das Land
Bremen als Sitzland der nichtstaatlichen Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger
(DGzRS) hat sich ebenfalls solidarisch bereit erklärt, Menschen von Seenotrettungsschiffen
aufzunehmen.

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