Strategie zur Klimafolgenanpassung gefordert

Anträge KreistagKreistag

Gemeinsam fordern die Fraktionen von SPD, Grünen und DIE LINKE., dass der Kreisausschuss beauftragt werden soll, eine Strategie zum Umgang des Landkreises mit Folgen von nicht mehr zu verhindernden Klimaveränderungen zu entwickeln. Weil die ursprünglich für den 31. März terminierte Sitzung des Kreistages wegen Corona ausfällt, wird der fraktionsübergreifende Antrag auf die Tagesordnung des für den 9. Juni geplanten nächsten Kreistages verschoben.

Hier der vollständige Text von Antrag und Begründung:


"Der Kreistag möge beschließen:

  1. Der Kreistag unterstützt die Bemühungen der Europäischen Union, der deutschen Bundesregierung und der hessischen Landesregierung, die Erderwärmung zu begrenzen und die Folgen des Klimawandels abzumildern.
  2. Der Kreistag betrachtet es als einen unverzichtbaren Teil der Daseinsvorsorge, nach seinen Möglichkeiten Maßnahmen zu ergreifen, um die Bevölkerung des Rheingau-Taunus-Kreises auf nicht mehr zu vermeidende Klimaveränderungen vorzubereiten. Hierzu soll eine verstärkte Aufklärungsarbeit in allen Bildungsstätten des Kreises geleistet werden.
  3. Der Kreistag beschließt die Entwicklung einer Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Die Strategie soll die zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Bevölkerung des Rheingau-Taunus-Kreises beschreiben und Maßnahmen wie z.B. Ausbau des ÖPNV-Netzes oder die Umstellung auf E-Mobilität darlegen, mit denen negative Folgen abgemildert werden können.
  4. Der Kreisausschuss wird gebeten, dem Kreistag über mögliche Verfahren und Inhalte zur Entwicklung einer Strategie zur Klimafolgenanpassung bis spätestens zur Oktobersitzung 2020 des Kreistags zu berichten.

Begründung:

Der Kreistag des Rheingau-Taunus-Kreises hat durch Beschluss vom 27. August 2019 zur Kenntnis genommen, dass die Klimakrise eine Bedrohung für Wohlstand, sozialen Frieden und die Zukunftschancen heutiger und nachfolgender Generationen darstellt, dass bisherige Maßnahmen weiterzuentwickeln sind und dass der Kreis seine Anstrengungen zum Klimaschutz deutlich verstärken muss. Der Kreistag hat Klimaschutz als eine kommunale Aufgabe hoher Priorität erkannt und anerkannt. Der Kreisausschuss wurde beauftragt, bis Mitte 2020 Strukturen und Verfahren für den Landkreis und seine Einrichtungen zu entwickeln, die sicherstellen, dass der Klimaschutz als wichtiger Aspekt kommunalen Handelns auf allen Ebenen und in allen Prozessen verankert wird. Der Kreisausschuss wurde ferner gebeten, die Städte und Gemeinden des Rheingau-Taunus-Kreises zur Bekämpfung der
Trockenheit in den Wäldern und zur Sicherung der Wasserversorgung zu unterstützen.

Dieser Auftrag sollte auch die Vorsorge für nicht mehr vermeidbare Klimaveränderungen einschließen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD), der Copernicus Climate Change Service der Europäischen Union (C3S) und der Weltwetterdienst (WMO) stellen übereinstimmend einen deutlichen Anstieg der Temperaturen fest. In Europa war es seit Beginn der Aufzeichnungen noch nie so heiß wie 2019. Weltweit stellen die Jahre 2010 bis 2019 das heißeste bisher gemessene Jahrzehnt dar, und auch in Deutschland fallen neun der zehn heißesten Jahre in diesen Zeitraum.

Die Experten der oben genannten Institutionen sind sich einig, dass diese Veränderungen nicht mehr zufällig, sondern als Klimawandel infolge menschlicher Aktivitäten zu erklären sind. Außerdem weist die Häufung von Rekordtemperaturen darauf hin, dass der Klimawandel eine höhere Dynamik erreichen könnte als bisher vermutet. Mit einer Zunahme von Extremwetterereignissen ist zu rechnen. Das kann vielfältige und weitreichende Auswirkungen auf die Bevölkerung des Rheingau-Taunus-Kreises haben.

  • Starkregen und Hochwasser mit der Folge von Überschwemmungen, Überlastungen der Kanalisation, Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung, Bodenerosion, Hangrutschungen und Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Produktion
  • Trockenheit und Dürre mit der Folge einer erhöhten Schädlingsanfälligkeit des Waldes, erhöhter Waldbrandgefahr, Baumsterben, der Notwendigkeit zur Bewässerung in der Landwirtschaft, Absinken des Grundwasserspiegels
  • Hitzeperioden mit hoher Feinstaub- und Ozonbelastung, Schäden an Verkehrswegen durch aufgeweichten Asphalt, gesundheitlichen Gefahren für Personen mit Pflegebedarf sowie bei Senioren und Kindern, erhöhte Besucherzahlen in Arztpraxen und Krankenhäusern, vermehrte Notfalleinsätze, erhöhte Anforderungen an Qualitätskontrollen bei Lebensmitteln, Einschränkungen der Trinkwasserversorgung
  • Sturmereignisse mit Schäden an Bauwerken, Gefahrensituationen für Leib und Leben, Windbruch, Blockierung von Verkehrswegen
  • Veränderung der Biodiversität als Folge des Temperaturanstiegs und der Extremwettersituationen mit Verlust bzw. Abwanderung bislang heimischer Tier- und Pflanzenarten sowie der Ausbreitung neuer Arten, potenziell schädliche Auswirkungen auf den Wald und die landwirtschaftliche Produktion
  • Verschlechterung der Schiffbarkeit des Rheins mit erhöhter Gefahr von Schiffsunfällen und zunehmendem Bedarf an Schienen- und Straßentransporten

Vor diesem Hintergrund ist ein entschlossenes und zielgerichtetes Handeln der Akteure aus Politik und Gesellschaft erforderlich, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die heimische Region einer Risikoanalyse zu unterziehen und selbst geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Zusätzlich sollen den Kommunen und der Bevölkerung Hinweise gegeben werden, damit diese ihr Verhalten rechtzeitig anpassen können."