Wir haben Martin Rabanus gefragt

Sebastian Klaus

In Vorbereitung auf die Landratswahl am 11.3.2023 haben wir die Kandidierenden Martin Rabanus, Sigrid Hansen und Sandro Zehner zu zentralen Themen befragt. Rechtzeitige Antworten erhielten wir indes lediglich von Martin Rabanus. Kandidat Sandro Zehner hat indes alle unsere Anfrage trotz Erinnerung konsequent ignoriert. Folglich nun die Antworten des Kandidaten Martin Rabanus für euch.

Fragen an Martin Rabanus (SPD)

1. Klimaschutz und Energiewende

  • Wie stehen Sie zur Intensivierung des Windkraft-Ausbaus?
  • Welche möglichen Alternativen sehen Sie als Ergänzung hierzu?
  • Was möchten Sie Menschen, die sich für Gruppen wie "Fridays For Future" oder "Letzte Generation" engagieren sagen?
  • Teilen Sie deren Sorgen?

Zunächst möchte ich allgemein antworten. Unser Landkreis fällt auch unter das Klimaschutzgesetz des Bundes, das vorgibt, bis 2045 klimaneutral zu sein. Dieses Ziel ist ambitioniert. Wir müssen das ganz Maßnahmenbündel aus Einsparung, Effizienz und erneuerbaren Energien ausschöpfen. Beispiele sind die energetische Modernisierung von Kreisliegenschaften, der Ausbau von Solardächern und die Förderung und Beteiligung der Kommunen und der Bürger an Energieprojekten. Wir brauchen eine Politik der Ermöglichung, nicht der Verhinderung. Und mir ist persönlich wichtig zu betonen: Der Windenergie stehe ich aufgeschlossen gegenüber. Eine Energiewende ohne Windkraft wird nicht gelingen. Außerdem ist die durch Windkraft erzeugte Energie in der Produktion unschlagbar günstig, sie wird mittel- und langfristig unseren Geldbeutel schonen und sie wird auch einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit liefern. Davon bin ich überzeugt. Aber ich denke auch, dass die Errichtung von Windenergieanlagen nur mit und nicht gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort möglich ist.

Im Falle meiner Wahl als Landrat werde ich konkrete Initiativen zur Errichtung von Windenergieanlagen konstruktiv begleiten und die Planungsprozesse unterstützen. Denn oft können schon in Planungsprozess Schwierigkeit erkannt und dann vermieden werden - Stichwort naturschutzrechtliche und / oder wasserrechtliche Belange. Und ich möchte - wie oben geschrieben - Dinge ermöglichen und nicht verhindern.

Ich finde zivilgesellschaftliches Engagement grundsätzlich unterstützenswert. Allerdings teile ich nicht die Auffassung, dass der Zweck alle Mittel rechtfertigt. Und so unterstütze ich auch nicht alle Formen des Protest – dies gilt für die Bewertung der Aktionen der „letzten Generation“.

 

2. Verkehrswende

  • Wie ist eine stabile und für alle nutzbare Radroute vom Untertaunus nach Wiesbaden umzusetzen?
  • Der ÖPNV muss gestärkt werden. Wie stellen Sie sicher, dass niemand abgehängt wird, durch Kosten und fehlende Verbindungen?

Ich strebe den Ausbau des Radwegenetzes in den kommenden Jahren an. Ich bin davon überzeugt, dass damit ein wichtiger Beitrag für eine klimafreundliche Verkehrswende geleistet werden kann. Dafür müssen die Maßnahmen für den Radverkehr aus dem 2021 beschlossenen Mobilitätskonzept Rheingau-Taunus-Kreis müssen zügig weiter umgesetzt werden.

Wir können dafür auch auf erhebliche staatlichen Fördermittel zurückgreifen und damit unsere aktuell nur 68 km Radwege deutlich ausbauen. Vordringliche Maßnahmen sind dabei der schnelle Lückenschluss im Rad-Hauptnetz-Hessen sowie die Einrichtung konstruktive Prüfung potentieller Raddirektverbindungen in den Korridoren Rüdesheim - Wiesbaden, Taunusstein - Wiesbaden und Idstein – Niedernhausen.

Die bevorstehende Bundesgartenschau im Jahr 2029 rund um Rüdesheim kann zum Anlass genommen werden, die bestehende Infrastruktur und das Mobilitätsangebot des Rheingau-Taunus-Kreises klimafreundlich auszubauen. Dabei möchte ich auch die Machbarkeitsstudie für eine Radfahrer- und Fußgängerbrücke zwischen Rüdesheim und Bingen unterstützen.

In den letzten Wochen sind eine ganze Reihe der Veränderung im Zusammenhang mit dem Fahrplanwechsel im ÖPNV vollkommen zurecht kritisch diskutiert worden. Und ich meine jetzt nicht Unpünktlichkeit oder ortsunkundige Fahrer, sondern strukturelle Veränderungen, bei denen Linien weggefallen und damit einige Orte von deutlichen Verschlechterungen im Angebot betroffen sind und dies bei gleichzeitig gestiegenen Kosten.

Nun müssen alle Probleme auf den Tisch - auch die Webfehler bei der Linienführung - und auf Entscheiderebene muss schnell Abhilfe geschaffen bzw. nachgesteuert wird. Der Landrat muss das zu seiner Sache mache, weil es vermutlich auch um kostenwirksame Entscheidungen geht, die schnell zu treffen sind. Sollte ich gewählt werden, werde ich das tun.

Ehrlicher Weise sollte man aber so lange nicht warten, denn die Aufnahme der Amtsgeschäfte des neuen Landrates ist ja erst im Juli. Deswegen arbeitet der Kreisausschuss aktuell auch an der Lösung der Probleme.

3. Teilhabe und Digitalisierung

Berechtigung zu Schülertickets verlaufen quer durch Kommunen gemäß Luftlinie. Somit haben innerhalb einzelner Straßen Kinder Anspruch auf das Schülerticket, ein Haus weiter u. U. nicht mehr – und dadurch unverhältnismäßig hohe Kosten.

Werden Sie sich für einen flächendeckenden Anspruch einsetzen, damit die Kinder zur Schule kommen?

Ja, ich setze mich für ein kostenfreies Schülerticket für ein.

Schwimmbäder

Viele Schulkinder konnten erst wegen Corona, dann aufgrund der Energiepreis-Krise keinen oder keinen konstruktiven Schwimmunterricht in Anspruch nehmen. Bereits vor Corona war die Situation angespannt und für viele Eltern unbefriedigend. Schwimmbad-Kapazitäten und Schwimmbäder fehlen, bzw. werden nicht zur Verfügung gestellt. Schüler:innen fahren z. T. im Klassenverband vom RTK nach Wiesbaden ins Schwimmbad.

Wie und bis wann ändern Sie das?

Wie ist der Wegfall des Tournesol aufgrund des jüngsten Brandes zu kompensieren?

Welche Möglichkeiten sehen Sie zur schulischen Nutzung kleinerer Schwimmbäder wie z. B. in Waldems-Esch oder Taunusstein?

Die Hallenbadsituation im Rheingau-Taunus-Kreis ist unbefriedigend. Durch die voraussichtlich bis Herbst andauernde Sanierung des Rheingaubades sowie das Brandunglück in dem fest fertig sanierten Tournesol in Idstein stehen nun nur Kleinhallenbäder wie bspw. in Walluf im Kreis zur Verfügung. Das für den Schwimmunterricht (schulisch wie privat) viel zu wenig. Daran lässt sich kurzfristig auch nichts ändern. Das ist bedauerlich, aber wahr. Wir sind also zunächst auf Hallenbadkapazitäten in den angrenzenden Landkreisen – insbesondere in Wiesbaden, aber auch in Bad Camberg und gegebenenfalls Limburg– angewiesen.

Wir müssen daher zunächst auf die wärmere Jahreszeit setzen und in den Sommermonaten alle zur Verfügung stehenden Freibadkapazitäten nutzen, um Kindern das Schwimmen beizubringen. Die Idee einer Traglufthalle über einem Freibad ist ja von dem Taunussteiner Bürgermeister aufgegriffen worden und sollte dort gerne geprüft werden. Der Kreis kann aber weder eine entsprechende Halle erwerben noch betreiben. Er würde sich aber natürlich angemessen an den Kosten, die auf das Schulschwimmen entfallen, beteiligen. Dies tut der Kreis bei allen Bädern.

Sozialer Wohnungsbau

Der soziale Wohnungsbau ist bisher unzureichend. Bezahlbarer Wohnraum ist wenig verfügbar.

  • Wie lösen Sie das Problem?
  • Werden Sie sicherstellen, dass der bisherige Bestand an Sozialwohnungen mindesten erhalten bleibt?
  • Gedenken Sie, die Sozialbauquote zu erhöhen?
  • Wir streben bis zu 40 % an, wie stehen Sie dazu?

Der Kreis hat mit der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft ein Instrument, um sich wohnwirtschaftlich zu betätigen. Das bezieht sich zum einen auf die eigenen Wohnungsbestände und zum anderen auf Neubauten. Die KBW muss und soll keine marktgängigen Renditen erwirtschaften. Das ist der Vorteil und auch unsere Chance.

In Bezug auf die Bestandswohnungen kann also eine sehr zurückhaltende Mietpolitik betrieben werden ohne deswegen die Instandhaltung zu kurz kommen zu lassen. Bei der Frage von Neubauten ist es schon in der Vergangenheit so gewesen, dass die Kommunen der KBW preisgünstig oder sogar völlig kostenfrei geeignete Flächen für den Wohnungsbau überlassen haben. Auch hier können wir bei den aktuellen Bodenpreisen einen wesentlichen Kostenfaktor dämpfen.

Das muss konsequent weiter betrieben werden. Ich werde daher mit allen Bürgermeistern ins Gespräch gehen, um geeignete Flächen zu identifizieren. Einige sind dazu sowieso schon bereit, andere müssen noch weiter motiviert werden.

Im Zuge vermehrter Aktivitäten der KBW rechne ich auch damit, dass wir eine Kapitalerhöhung unserer Gesellschaft vornehmen müssen. Dies haben wir in der jüngeren Vergangenheit bereits schon einmal getan. Das war auch gut und richtig und hat es unter anderen im Taunusstein ermöglicht, einige Bauvorhaben zu realisieren.

Ich bin mir bewusst, dass wir damit die Welt nicht vom Kopf auf die Füße stellen können. Wir können aber einen Beitrag dazu leisten, dass Wohnraum bezahlbar bleibt.

4. Sicherheit

Viele Menschen empfinden es so, dass die Polizeipräsenz im RTK massiv zugenommen hat. Unter Berücksichtigung der Entwicklung der Kriminalitätsrate wirkt das irritierend auf einige Menschen. Speziell hinsichtlich der Polizeistation in Taunusstein-Hahn.

  • Wie bewerten Sie das Empfinden der Menschen, die sich hierdurch irritiert fühlen?
  • Wie ist die spürbare Verstärkung der Präsenz Ihrer Meinung nach zu rechtfertigen?

Ich selbst kann den Eindruck, demzufolge die Polizeipräsenz in Rheingau-Taunus-Kreis in irritierender Weise gestiegen sei, nicht bestätigen. Dies gilt auch für den Polizeiposten in Hahn, der ja nicht neu ist, sondern nur in neue Räumlichkeiten gezogen. Und die jüngsten Vorfälle in Taunusstein in der Filiale der Deutschen Bank und dem Telefonladen – beides quasi in Sichtweite des Polizeipostens – verdeutlichen ja auch, dass der neue Standort des Polizeipostens offensichtlich keine Auswirkungen auf das Verhalten von Straftätern hat.

Das ist eher ernüchternd. Dennoch ist der Rheingau-Taunus-Kreis ein sehr sicherer Landkreis. Und das ist eine sehr gute Nachricht für die Menschen im Kreis.

5. Gesundheit

Dem Rheingau-Taunus-Kreis stehen laut DIVI Zentralregister 13 Intensivbetten zur Verfügung. Die Krankenhäuser in Wiesbaden sind seit langem überlastet und für akute Notfälle zu weit entfernt.

  • Wie entschärfen Sie die Situation?
  • Die Versorgung mit medizinischen Praxen ist unzureichend, Wege zu weit, Wartezeiten zu lang. Wie lösen Sie das Problem und verbessern Sie die Versorgung?
  • Die Versorgung mit Kinderärzt*innen und Hebammen ist ebenfalls ausbaufähig. Wie Streben Sie hier eine umfassende Versorgung im RTK an?

Mit der Schließung des Krankenhauses in Bad Schwalbach sind im Kreis als stationäre Einrichtungen nur noch die Krankenhäuser in Idstein und Rüdesheim übrig. Diese müssen wir unbedingt erhalten. Darüber hinaus wird es absehbar nicht möglich sein, ein neues Krankenhaus im Rheingau-Taunus-Kreis zu errichten. Soviel Ehrlichkeit gehört in der Debatte dazu. Wir werden also auch in der Zukunft auf die Krankenhäuser in Wiesbaden und Limburg zusätzlich zu den Kapazitäten im Kreis angewiesen sein.

Aber nicht erst seit der Schließung des früheren Kreiskrankenhauses in Bad Schwalbach ist klar, dass Gesundheit eine Grundvoraussetzung für ein gutes Leben in unserem Landkreis ist. Das bedeutet, dass die notwendige Infrastruktur auch in seinen 17 Städten und Gemeinden vorgehalten und sichergestellt werden muss. Konkret kann ich hier nur einzelne Maßnahmen ohne Anspruch auf Vollständigkeit nennen:

  • ein dauerhafter Erhalt des HELIOS-Klinikums in Idstein
  • die Auszahlung des sogenannten Sicherstellungszuschlags, also die finanzielle Sicherung des Betriebs aus öffentlichen Mitteln, an das St. Josefs-Hospital Rüdesheim
  • die Einführung des Programms „Gemeindeschwester“ in allen Kommunen, die einen solchen Bedarf aufweisen, um damit eine nicht-medizinische personelle Unterstützung mit besonderer sozialer Kompetenz vor Ort zu ermöglichen.
  • die Förderung der Einrichtung und des Betriebs Medizinischer Versorgungszentren
  • die Anwerbung weiterer Ärztinnen und Ärzte bei gleichzeitiger Anpassung der Arztsitze durch die Kassenärztliche Vereinigung
  • die dauerhafte Beschäftigung der Gesundheitskoordinatorin bei der Kreisverwaltung zur kommunenübergreifenden Konzeption der weiteren Entwicklungsschritte unseres Gesundheitsstandortes
  • die konsequente Weiterentwicklung und Umsetzung des Masterplans Gesundheit im Rheingau-Taunus-Kreis aus der Basis des Sachstandsberichtes der Gesundheitskoordinatorin von September 2022
  • die dauerhafte Aufwertung des Tätigkeitsfeldes im öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) in Verbindung mit einer personellen Stärkung des Kreisgesundheitsamtes.

6. Geflüchtete

Zuletzt wurden Kapazitäten für die Unterbringung von Geflüchteten reduziert. Der Bedarf ist groß und durch die weiter eskalierende, seit Jahren bestehende Kriegs-Situation in z.B. Syrien sind Fluchtbewegungen unvermeidbar.

  • Wo sehen Sie Potenzial, Einrichtungen bereitzustellen?
  • Sofern Sie die Unterbringungskapazitäten ausbauen wollen, welcher Logik wollen Sie folgen? Dezentrale Unterbringung oder Unterbringung in Sammelunterkünften?
  • Ist „Kulturkreis“ ein legitimes Argument, Geflüchtete kategorisch abzulehnen?

Bei der Versorgung der Menschen, die aus Not und Verzweiflung aus Krisen- und Kriegsgebieten zu uns kommen, stehen wir vor großen Herausforderungen. Das lässt sich nicht weg diskutieren. Aber ich werde alle in meinen Möglichkeiten stehende dafür tun, dass wir die Aufgabe lösen, die Herausforderung meistern. Ich strebe zusammen mit den Kommunen dezentrale Unterbringungen an, Sammelunterkünfte halte ich höchstens für einen kurzen Übergangszeitraum für akzeptabel und ich möchte sie vermeiden. Vor allem will ich auch die Unterbringungen in Turn- und Gemeindehallen vermeiden. Ich möchte, dass hier Sport getrieben wird und das Gemeindeleben stattfinden – gemeinsam mit den Geflüchteten, die zu uns gekommen sind. Denn hier sind die Räume, in denen Integration stattfinden kann.

Ich werde die Gesamtkoordination auf der Kreisebene belassen, aber auch von allen Städten und Gemeinden einfordern, dass sie ihren Beitrag leisten.

7. Vielfalt

Die AfD hat im Rheingau-Taunus-Kreis einen hohen Anteil rechtsnational Wählender, Politiker und Sympathisanten sowie einige Querdenker- und starke national-esoterische Hochburgen.

  • Wie wollen Sie der AfD begegnen?
  • Wie wollen Sie Rechtsextremismus im RTK begegnen?

Ich werde es weiter so halten, wie ich es immer halte: eine Kooperation mit der AfD als parlamentarischem Arm der radikalen Rechten in Deutschland wird es mit mir nicht geben. Es ist abstoßend, dass in den letzten Jahren immer wieder die AfD als Mehrheitsbeschaffer insbesondere für die CDU im Kreistag gedient hat. Ich will alles dafür tun, dass das aufhört. Rechtsextremismus muss man mit Klarheit und Entschlossenheit begegnen. Das werde ich weiter tun und ich lade alle Demokratinnen und Demokraten ein, sich mir anzuschließen.

gez. Martin Rabanus